DÖAK 2019_Abstractbuch

POSTER 48 PW 73 Mycoplasma genitalium: Prävalenz, Koinfektionen und Therapieerfolgsquote nach Erstlinienbehand- lung in einem infektiologischen Zentrum in Berlin vom 2013 bis 2017 Blöckl N. 1 , Ruzicic S. 2 , Jessen A. 2 , Diefenbach A. 1 , Jessen H. 2 1 Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany, 2 Praxis Jessen² + Kollegen, Berlin, Germany Hintergrund: Die Prävalenz der sexuell übertragebaren Infek- tion (STI) mit Mycoplasma genitalium (MG) wird in der Nor- malbevölkerung auf 1-3% geschätzt, in Risikogruppen wie Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) jedoch höher. Der Verlauf kann oft asymptomatisch sein. Zunehmende Resisten- zen gegen bestehende Regime führten bereits in einigen Län- dern zur Anpassung der antibiotischen Therapie. Methodik: Wir führten eine retrospektive Datenanalyse für alle auf MG getesteten Patienten zwischen 2013 und 2017 durch. Dabei wurden Ergebnisse der Rektalabstriche (RA), Pharynxabstriche (PA), Urethralabstriche (UA) und Urinproben (UP) ausgewertet. Mangels eines konsequenten test of cure (TOC) wurde eine detaillierte Analyse nur anhand der Daten von Erstbesuchen (EB) aller Patienten durchgeführt. Resultate: Es wurden insgesamt 32.302 verwertbare Proben von 7.474 Patienten analysiert. Die Testungsrate erhöhte sich kontinuierlich über 5 Jahre von 3.362 Proben (2013) auf 11.845 Proben (2017). Die Kohorte setzt sich zur 97,0% aus Männern zusammen, mit einem Altersmedian von 32,9 Jah- ren. Ein Großteil der Patienten identifizierte sich selbst als MSM. 3.819 Patienten (51,1%) erhielten nie einen TOC. Die mittlere Prävalenz erschien relativ stabil und erreichte den höchsten Wert im 2014 (5,2%). Eine Mehrheit der Infektionen waren rektal (6,7%) und urethral (4,8%). Pharyngeale Infektio- nen waren selten (1.0%). Aufgrund der subjektiv unangenehm empfundenen Proben- gewinnung wurde die Testung einer urogenitalen Infekti- on stetig von UA auf UP umgestellt (2013, 59,6% vs. 2017, 88,2%). Jedoch erschienen die UA sensitiver als die UP zu sein (mittlere Prävalenz UA vs UP: 5,4% vs. 4,2%). Schlussfolgerungen: Diese epidemiologische Datenanalyse stellt die bisher größte in Deutschland dar. Die Prävalenz von MG scheint über die 5 Jahre stabil zu sein. Vermutlich auf- grund der Symptomfreiheit nach Therapie bzw. eines asymp- tomatischen Verlauf, erfolgte bei einer Mehrheit der Patienten kein TOC, was sie im Fall eines Therapieversagens zu mögli- chen Überträgern macht. Da eine erhöhte Suszeptibilität für die HIV-Ansteckung bei den Patienten mit einer MG-Infektion diskutiert wird, empfehlen wir MG-Routinetestung für MSM in Form von Rektalabstrichen. PW 74 Chlamydia trachomatis Serovar L bei Patienten in ei- nem infektiologischen Zentrum in Berlin: Eine urbane Erscheinung mit einem hohen Anteil an HIV-Koinfek- tionen Ruzicic S. 1 , Jessen A. 1 , Diefenbach A. 2 , Jessen H. 1 1 Praxis Jessen² + Kollegen, Berlin, Germany, 2 Charité - Uni- versitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany Hintergrund: Lymphogranuloma venereum (LGV) ist eine In- fektion des lymphatischen Systems, die durch Chlamydia trachomatis (CT) Serovare L1-L3 verursacht wird. Das erste Auftreten von LGV in Netzwerken von Männern, die Sex mit Männern (MSM) haben, begann in Europa (2003), gefolgt von einer Reihe von Ausbrüchen weltweit. Da für Deutschland keine routinemäßig gemeldeten Daten vorliegen, haben wir LGV-Prävalenz und Prädiktoren in einer Hochrisikopopulation (MSM) in einer STI-Ambulanz in Berlin untersucht. Methodik: Wir haben eine retrospektive Analyse aller geteste- ten Proben für CT über einen Zeitraum von 6 Jahren von 2012 bis 2017 durchgeführt. Die Proben wurden an 3 anatomischen Stellen (Pharynx, Harnröhre, Rektum) entnommen. Alle positi- ven rektalen Proben wurden zusätzlich auf den L1-L3-Genotyp getestet. Zu diesem Zweck wurde eine PCR über die L-spezifi- sche Region (polymorphes H-Gen) durchgeführt. Resultate: Insgesamt wurden 12.390 Proben (5.316 Patienten) gesammelt, von denen sich 486 Abstriche als L+ erwiesen (191 Patienten). Die Anzahl der getesteten Abstriche stieg kontinuierlich von 1.370 (2012) auf 3.634 (2017). Der Anteil der CT+ Abstriche fluktuierte zwischen 10% und 15%. Unter den CT+ Patienten sank der Anteil der L+ Patienten stetig von 37% (2012) auf 21% (2017). Die Mehrzahl der getesteten Pati- enten war zwischen 26 und 35 Jahre alt. Die höchste Rate von L-Infektionen wurde bei älteren Patienten beobachtet (Ma- ximum in der Altersgruppe 46-55 Jahre, CT+/L+ 46%). Die Mehrheit der L+ Patienten stammte aus den zentralen Stadt- teilen. Die HIV-Koinfektionsrate bei den CT+ Patienten sank kontinuierlich von 39% (2012) auf 12% (2017). Der Anteil der HIV+ Patienten unter den L+ Patienten blieb hoch und sank von 80% (2012) auf 50% (2017). Schlussfolgerungen: Unsere Daten stellen die größte epide- miologische Entwicklung der LGV in Deutschland dar und zeigen eine hohe Prävalenz des Genotyps L1-L3, die im Ver- gleich zu anderen CT-Serotypen eine längere Behandlung mit Antibiotika erfordert. Da das routinemäßige Screening von an- orektalen Abstrichen in Hochrisikopopulationen immer noch nicht empfohlen wird, deuten unsere Ergebnisse dringend auf die Notwendigkeit hin, positive CT-Rektalproben zu genoty- pisieren.

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