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EP/01/12
Wie kann evidenzbasiertesWissen in den Pflegealltag implementiert werden?
A. Mark
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, T. Heinicke
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Universitätsklinikum Erlangen, Klinik für Anästhesiologie, Interdisziplinäre Operative Intensivstation (IOI), Erlangen,
Deutschland
Hintergrund:
Das pflegerische Handeln auf einer Intensivstation orientiert sich zunehmend an Publikationen evidenz-
basierter Leitlinien, wie zum Beispiel der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaf-
ten e.V. (AWMF) und des Deutschen Netzwerkes für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP).
Die Berufsgruppe der Pflegenden ist zunehmend bei der Erstellung von medizinischen Leitlinien beteiligt. Beispielhaft
sei hier die 2015 revidierte S2e-Leitlinie:
„Lagerungstherapie und Frühmobilisation zur Prophylaxe oder Therapie von pul-
monalen Funktionsstörungen“
(AWMF, 2015) genannt.
Fragestellung:
Es stellt sich hierbei die Frage, welche Herausforderungen sich aus demWissenstransfer ergeben. Wie
sieht der Weg nach der Publikation einer Leitlinie, bis zu deren praktischen Implementation auf einer Intensivstation,
aus? Dies wird im Rahmen des Vortrages u.a. am Beispiel der Einführung eines protokollbasierten Weanings zusammen
mit Beatmungsschulungen auf der Interdisziplinären Operativen Intensivstation (IOI) am Universitätsklinikum Erlangen
beschrieben.
Methodik/praktische Umsetzung: Die praktische Umsetzung der Richtlinien erfolgt durch Expertengruppen z.B. Wea-
ning, Delirmanagement, Frühmobilisation undWundmanagement. Diese werden federführend von Pflegefachkräften
in Kooperation mit Oberärzten geleitet. Um die Implementation im Alltag auf Station zu erreichen werden unter an-
derem wöchentlich interdisziplinäre Stationsfortbildungen und monatliche Workshops geplant. Ein weiterer Baustein
sind die in der Regel täglich ablaufenden Pflegevisiten.
Ergebnis:
Durch die entsprechenden Schulungsmaßnahmen konnte u.a. eine signifikante Reduktion der verabreichten
Tidalvoluminas erreicht werden sowie eine Verringerung der Reintubatinsrate. Durch dieses Schulungskonzept wird
erreicht, dass die Mitarbeiter auf den aktuellsten Wissensstand gehalten werden und dies praktisch umsetzen.
Schlussfolgerung:
Durch die gesunkende Halbwertszeit evidenzbasierten Wissens in der Pflege und der Medizin, ist es
für den einzelnen Mitarbeiter schwer möglich Uptodate zu bleiben. Aufgrund Dessen wird u.a. ein umfassendes Schu-
lungskonzept und die Mitarbeit von Pflegewissenschaftlern auf Station als notwendig erachtet.
Potenziale z. B. in Bezug auf Refluxmessung und Dysphagiescreening.Bei den Feedbacks wurden diese Defizite im Be-
handlungsprozess gezielt angesprochen. Eine QI-Visite zu diesem QI dauerte ca. 50 Minuten inkl. 21 Minuten für das
bettseitige Feedback. (Ethikvotum EA1/350/16).
Schlussfolgerung:
Die QI-Visiten zur Überprüfung von Qualitätszielvorgaben identifizieren im Sinne einer Tiefenprü-
fung Gründe für festgestellte Abweichungen in der Ernährungstherapie intensivmedizinischer Patienten. Es können
systematische Prozess-Defizite direkt evaluiert werden. Die Besprechung der Visitenergebnisse direkt mit allen an der
Patientenversorgung Beteiligten verbessert eine qualitätsorientierte Kommunikation.
EP/01/11
Misskommunikation als Risikoschwerpunkt in der Patientensicherheit - Arbeitsprozessanalyse
in der präklinischen Notfallversorgung
S. Wilk
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, K. Siegl
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, L. Siegl
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, J. Winning
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, C. Hohenstein
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Bundeswehrkrankenhaus Berlin, Abteilung X, Berlin, Deutschland,
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Universitätsklinikum Jena, Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Jena, Deutschland,
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Universitätsklinikum Jena,
Zentrum für Notfallmedizin, Jena, Deutschland
Fragestellung:
Die kommunikationsbasierte Fehleranalyse der CIRS-Eintragungen zum Notfallmanagement zeigte
Defizite im Verständigungsprozess auf, die in 30 % der Fälle zu einer Gefährdung von Patienten führten. Aus dieser
Untersuchung geht allerdings nicht hervor, bei welchen Arbeitsabläufen und Übergabeprozessen diese Zwischenfälle
besonders häufig auftreten. Die Arbeitsprozessanalyse identifiziert nun Kumulationspunkte in der präklinischen Not-
fallversorgung, die Kommunikationsrisiken bergen. Sie soll zusätzlich Störfaktoren für eine suffiziente Kommunikation
in unterschiedlichen Abschnitten der Patientenversorgung aufzeigen.
Methodik:
Die Arbeitsprozessanalyse basiert auf 247 präklinischen CIRS-Fällen, die in verschiedenen Abschnitten der
Patientenversorgung Misskommunikation aufzeigen. Eine teilnehmende Beobachtung im Rettungsdienst und Einzelin-
terviews von Rettungsdienstmitarbeitern erweiterten die Untersuchung. Die Interviewinhalte wurden zunächst separat
analysiert und anschließend mit den Beobachtungsergebnissen nach Übereinstimmungen qualitativen verglichen. Ein
Flussdiagramm in drei Abschnitten visualisiert letztlich die Prozesse der präklinischen Patientenversorgung.
Ergebnis:
Die Arbeitsprozessanalyse zeigt, dass im Abschnitt der direkten Patientenversorgung durch parallele Arbeits-
prozesse gehäuft Zwischenfälle auftreten. Vor allem die Schnittstellenkommunikation mit der Rettungsleitstelle und
weiterbehandelnden Klinik birgt das Risiko des Informationsverlustes.
Schlussfolgerung:
Eine verbesserte Schnittstellenkommunikation verhindert Zwischenfälle in der Patientenver-
sorgung, da sie Rettungsmittel gezielter zugeordnet und Patienten besser in weiterbehandelnde Kliniken überführt.
Ressourcen zur Versorgung stehen so koordinierter zur Verfügung. Anhand einheitlicher Ausbildungskonzepte und
etablierter Versorgungsschemata lassen sich die Patientensicherheit erhöhen und Zwischenfälle minimieren. Bereits in
der Ausbildungsphase sollten Team- und Kommunikationstrainings implementiert sein und die Kenntnisse regelmäßig
in praktischen Anwendung aufgefrischt werden. Debriefings sollten zum Arbeitsalltag gehören. Die Routine, die sich
mit dieser Verfahrensweise entwickelt, hilft, bei seltenen Einsatzszenarien oder Unstimmigkeiten im Team, kritische Si-
tuationen zu thematisieren und Lösungen zu finden. Ein Standardprotokoll zur Kommunikation mit der Leistelle kann
wesentlich die Schnittstellenkommunikation verbessern.