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Ergebnisse: Ca. 60% der invasiv beatmeten Patienten erhielten sedierende Medikamente. Bei 98/205 (47,8%) Patienten

war leitlinienkonform ein Ziel-RASS 0/-1 festgelegt, bei 107/205 (52,2%) eine tiefere Sedierung (Ziel-RASS < -1). Häu-

figste Gründe für ärztliche Vorgabe eines Ziel-RASS < -1 waren Beatmungsschwierigkeiten (32 Patienten) oder laufende

(12) bzw. geplante (17) Interventionen.

Von 98 Patienten mit Ziel-RASS 0/-1 waren 24 (24,5%) korrekt, 67 (68,4%) zu tief und 7 (7,1%) zu flach sediert. Subjektiv

beurteilten Ärzte übersedierte Patienten in 15 Fällen (22.4%) als korrekt sediert, in 50 Fällen (74,6%) als zu tief sediert

und in 2 Fällen (3,0%) als zu flach sediert; Pflegekräfte schätzten übersedierte Patienten subjektiv in 30 Fällen (44,8%)

als korrekt, in 33 Fällen (49,2%) als zu tief und in 4 Fällen (6,0%) als zu flach sediert ein.

Von 107 Patienten mit RASS-Ziel < -1 waren 53 (49,5%) korrekt, 50 (46,7%) zu tief und 4 (3,7%) zu flach sediert. Über-

sedierte Patienten wurden von Ärzten und Pflegekräften besonders häufig als korrekt sediert beurteilt (40/50;80% bzw.

28/50;56%). Für die Akzeptanz von Übersedierung oder den Wunsch nach mehr Sedierung waren therapieassoziierte

Gründe und v.a. pflegerischerseits auch Aspekte des Patientenkomforts ausschlaggebend.

Schlussfolgerung:

Trotz intensiver Schulung aller Mitarbeiter ist die praktische Umsetzung der S3-Sedierungs-Leitlinie

im klinischen Alltag derzeit noch unbefriedigend. Die Ursachen für Übersedierung sind vielfältig; mögliche patienten-

oder personalbedingte Faktoren werden derzeit näher untersucht.

EP/01/03

Religion vs. Religiösität: Was beeinflusst “End-of-life decisions (EOLD)” stärker?

H. Tempel

1

, S. Wolf

2

, F. Salih

1

1

Charité, Campus Virchow-Klinikum, Klinik für Neurologie, Berlin, Deutschland,

2

Charité, Campus Virchow-Klinikum, Klinik für

Neurochirurgie, Berlin, Deutschland

Fragestellung: „End-of-life decisions“ (EOLD) basieren auf einer Reihe biographischer, sozialer und kultureller Faktoren.

Dabei entsteht häufiger der Eindruck, dass sich Angehörige bestimmter Religionen sogenannten EOLD eher kritisch

gegenüberstellen. Ziel dieser Studie ist es zu untersuchen, ob die Religion (Konfession) per se oder eher die Religiösität

(Stärke des Glaubens) EOLD beeinflussen.

Methodik: Eingeschlossen werden Patienten, die aufgrund einer schweren Gehirnschädigung prognostisch einen

schlechtes Outcome gemessen an modified Rankin Scale (mRS) von ≥ 4 Pkt. oder Cerebral Performance Catagory

(CPC) von ≥ 3 Pkt. aufweisen. Das Ausmaß der Religiösität wird durch Angehörige anhand des

Santa Clara Fragebo-

gen zur Stärke des religiösen Glaubens (SCSORF)

eingestuft. Zum Zwecke dieser Studie vergleichen wir die gemittelten

SCSORF-Werte jener Patienten, bei denen auf Basis des Patientenwillen gegen die Fortsetzung lebenserhaltender Maß-

nahmen entschieden wird (Gruppe A) mit jenen Patienten, bei denen die intensivmedizinische Therapie fortgesetzt

wird (Gruppe B).

Ergebnisse:

In die laufende Studie konnten bisher 30 Patienten eingeschlossen werden (

Ø

61,6 Jahre, weiblich n=13).

Bei 17 Patienten wurde im Rahmen der EOLD die Therapie abgebrochen (Gruppe A), während bei 13 Patienten die The-

rapie fortgeführt wurde (Gruppe B). Der gemittelte SCSORF-Wert (± Standardabweichung) von Gruppe A ist mit 19,5 ±

8,7 Pkt. niedriger als jener von Gruppe B mit 28,9 ± 9,1 Pkt.. Die Verteilung der Konfessionen ist in beiden Gruppen ähn-

lich, wobei in Gruppe A der Anteil von Christen tendenziell höher und jener der Muslime geringer ist als in Gruppe B

(Gruppe A vs. B: Christen 64,7 vs. 53,8%, Muslime 17,6 vs. 30,8%, Hindu 5,9 vs. 0%, Sonstige 5,9 vs. 15,4%).

Schlussfolgerung:

Die Zwischenauswertung der noch laufenden Studie deutet daraufhin, dass die Ausprägung des

Glaubens, d.h. die Religösität, maßgeblich die Ausrichtung von EOLD beeinflusst. Dieser Trend zeigt sich aktuell in allen

bislang berücksichtigten Konfessionsgruppen. Somit erscheinen die einzelnen Konfessionen, d.h. die Religion, nicht

entscheidend für die EOLD zu sein.

E-Poster Abstracts

Ethik und Qualität

EP/01/01

VIS-ITS - Eine Fragebogenerhebung zu Visiten auf deutschen Intensivstationen

B. Hillmann

1

, D. Schwarzkopf

2

, T. Manser

3

, C. Waydhas

4

, R. Riessen

1

1

Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland,

2

Integriertes Forschungs- und Behandlungszentrum Sepsis und Sep-

sisfolgen, Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland,

3

Institut für Patientensicherheit, Universitätsklinikum Bonn, Bonn,

Deutschland,

4

Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil, Bochum, Deutschland

Fragestellung:

Die tägliche multiprofessionelle Visite stellt die Nr.1 der intensivmedizinischen Qualitätsindikatoren der

DIVI dar. Dennoch gibt es national und international kaum umfassende Daten, welche die Strukturen und Abläufe von

Visiten auf Intensivstationen beschreiben. Wie ist die Visite auf deutschen Intensivstationen strukturiert und an wel-

chen Stellen zeigt sich gegebenenfalls noch Optimierungsbedarf?

Methodik:

Um die Strukturen und Abläufe von Intensivvisiten zu erheben wurde ein Online-Fragebogen erstellt und

über die E-Mail Verteiler zweier intensivmedizinischer Fachgesellschaften (DIVI und DGIIN) verschickt. Angesprochen

waren Ärzte in leitender Funktion auf der Intensivstation. Insgesamt gibt es in Deutschland 1177 Kliniken mit mind.

einer Intensivstation.

Ergebnis:

Insgesamt wurden 390 Bögen ausgefüllt, überwiegend von Vertretern internistischer (43%) und anästhesio-

logischer (41%) Intensivstationen. Alle Versorgungsstufen von Intensivstationen waren vertreten: Universitätsklinikum

25%, Maximalversorgung 23 %, Regionalversorgung 36%, Grundversorgung 16%. Die durchschnittliche Intensivvisite

findet am Morgen bzw. Vormittag statt (90%) und visitiert 15,5 Patienten in 70 Minuten. Dies entspricht einer Visiten-

zeit von 4,5 Minuten pro Patient. Zu 96% wird eine Visite am Patientenbett abgehalten. In 86% der Fälle findet wochen-

tags eine zweite Visite mit Anwesenheit eines Entscheidungsträgers am selben Tag statt. Der am häufigsten präsente

Entscheidungsträger ist ein Oberarzt mit Intensivweiterbildung (57%). Assistenzärzte nehmen in 83%, die betreuende

Pflegekraft in 51% immer an den Visiten teil. Auf 79 % der Intensivstationen findet amWochenende mindestens eine

Visite pro Tag mit Anwesenheit eines Entscheidungsträgers statt. Bei 84% der Visiten wird die Patientenkurve direkt vor

bzw. während der Visite am Krankenbett gesichtet. In 31% steht eine digitale Kurve zur Verfügung. Tagesziele werden

in 55% immer, in 39 % meistens während der Visite für den jeweiligen Patienten festgelegt.

Schlussfolgerung:

Die VIS-ITS-Umfrage liefert erstmals einen breiten Überblick über die sehr unterschiedlichen Visi-

tenstrukturen auf deutschen Intensivstationen und zeigt einige Verbesserungspotenziale auf (z.B. Präsenz des interpro-

fessionellen Intensivteams, Wochenendvisiten, Dokumentation von Tageszielen).

EP/01/02

Klinische Umsetzung der S3-Leitlinie zu Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der

Intensivmedizin (2015) - eine erste Bilanz

T. Grebe

1

, M. Vens

2

, K. Bangert

1

, P. Tohsche

1

, S. Kluge

1

, O. Boenisch

1,3

1

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik für Intensivmedizin, Hamburg, Deutschland,

2

Universitätsklinikum Ham-

burg-Eppendorf, Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Hamburg, Deutschland,

3

Medizinische Hochschule

Hannover, Klinik für Nieren- und Hochdruckerkrankungen, Hannover, Deutschland

Einleitung:

Trotz Implementierung der S3-Sedierungs-Leitlinie ist die Übersedierung invasiv beatmeter Patienten

weiterhin ein verbreitetes Phänomen, welches Krankheitsverlauf, Prognose und Behandlungskosten der Patienten un-

günstig beeinflusst. Die Erfassung von Ausmaß und Ursachen der Übersedierung ist zur Behebung dieser Problematik

wesentlich.

Methodik:

Bei 205 invasiv beatmeten Patienten der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Ep-

pendorf ohne neurologische/ neurochirurgische Grunderkrankung wurden prospektiv vorgegebenes Sedierungsziel,

von Ärzten und Pflegekräften subjektiv geschätzter Sedierungsbedarf sowie mittels RASS Scoring die objektive Sedie-

rungstiefe erhoben; zudem wurden die Rationalen für ein nicht-leitlinienkonformes Sedierungsziel (RASS < -1) und die

subjektiven Kriterien für die Beurteilung des aktuellen Sedierungsmanagements durch Ärzte und Pflegekräfte erfasst.